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Konflikt zwischen
Mieter
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In einem Wohnblock (7 Parteien)
besteht ein Konflikt zwischen Ehepaar H, welche in der
obersten Wohnung wohnen und Frau K, welche direkt unter dem
Ehepaar H wohnt. Herr und Frau H sind berufstätig und erst
abends zu hause, Frau K ist pensioniert und oft zu hause.
Frau K beklagt sich über den
ständigen Lärm von Herrn und Frau H, welcher vor allem abends
bzw. nachts stattfindet. Herr und Frau H haben einen Hund,
welcher tagsüber oft alleine in der Wohnung ist. Frau K hat
bereits einige Male Kontakt gesucht zu Herrn und Frau H, die
Lärmbelastung konnte jedoch nicht bilateral beseitigt werden.
Herr und Frau H meinten, sie seien gar nicht laut, sowieso
selten zu hause und es sei nicht ihr Hund, der ab und zu
belle. Ausserdem könnten sie nichts dafür, dass die Wände so
dünn seinen und er Fussboden schlecht isoliert sei. Das
Verhältnis zwischen den beiden Nachbarn ist stark verhärtet,
das sich Frau K nicht verstanden fühlt und Herr und Frau K
behaupten, Frau K sei überempfindlich.
Auf Wunsch der Vermieterin, einer
Freundin von Frau H, welche sich um ein gutes
nachbarschaftliches Klima bemüht, findet eine Mediation
zwischen Herrn und Frau H und Frau K. statt. Beide Parteien
erhalten Gelegenheit, die Sachlage aus Ihrer Situation
darzustellen, verpflichten sich aber im Gegenzug, der
Gegenpartei auch zuzuhören und sich zu bemühen, deren Sicht
bzw. die Bedeutung des Konflikts aus der anderen Perspektive
zu verstehen. Durch dieses Vorgehen wird erreicht, dass sich
die Parteien in die Lage der anderen versetzen können und da
Problem – den Lärmeinfluss – aus einer anderen Perspektive
betrachten können. Langsam entwickelt sich auch ein
Verständnis für die Gegenseite, es wird klar, dass beide
Nachbarn verschiede Bedürfnisse und Ansichten haben. Es
gelingt dem Mediator, den Themenkatalog auf die gemeinsamen
Anliegen zu konzentrieren und auch so zu formulieren. Folgende
Themen wurden – unter anderen – besprochen „Uneingeschränktes
Nutzen der eigenen Wohnen“ und „Toleranz und Flexibilität“.
Jede Partei hatte Gelegenheit, Ihre Bedürfnisse zu äussern und
diejenigen der Gegenpartei zu hören.
Durch die Sensibilisierung und
das vermehrte gegenseitige Verständnis für die Interessen und
Bedürfnisse der einzelnen Personen, waren Herr und Frau H und
Frau K bereit, Lösungsvorschläge zu entwickelt und sich aus
Ihrer starren Position zu lösen. Es wurde eine gemeinsame
Wohnungsbegehung vereinbart, wodurch sich beide Nachbarn und
die Vermieterin ein Urteil über die bauliche Situation machen
konnten. Die Vermieterin erklärte sich bereit, die schlecht
schliessenden und kaum isolierten Türen zu ersetzten. Die
Nachbarn oben erklärten sich bereit, ihren Besuch zu später
Stunde nicht im Treppenhaus zu verabschieden sowie den Hund
vermehrt auf die Terrasse zu lassen, wo er mehr Freiraum hat.
Frau K. erklärte sich bereit, toleranter zu sein und es wurde
vereinbart, wie zukünftig bei „Störungsfällen“ miteinander
kommuniziert werden soll….. |
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Familienmediation
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Nachdem ein minderjähriges
Mädchen nach dem Vater auch noch seine Mutter verloren hat und
damit zur Vollwaisen wird, bestimmt die Behörde einen Vormund.
Das Mädchen wohnt weiterhin in der elterlichen Wohnung und in
enger Verbindung mit den Grosseltern im gleichen
Mehrfamilienhaus. Der Grossvater macht dem Vormund Vorwürfe
über die ungebührlichen und respektlosen Umgangsformen des
Mädchens gegenüber ihnen als Grosseltern, aber auch über deren
lockere und unkontrollierte Freizeitgestaltung. Der Vormund
hält die ständigen Vorhaltungen nicht mehr aus und es kommt
zur offenen Auseinandersetzung. Die junge Frau fühlt sich
zwischen den Grosseltern und dem Vormund hin und her gerissen
und weiss nicht mehr, auf wen sie hören soll. Sie fühlt sich
als Opfer des Konfliktes zwischen den Erwachsenen.
In zwei Sitzungen werden
verschiedene Themen vorgetragen, die einen guten Kontakt und
das Nebeneinander im Alltag belasten. Da die Beteiligten nur
beschränkt Zeit zur Verfügung stellen wollen, einigen sie
sich, den dringlichsten Konflikt anzugehen. Nachdem die
persönlichen Interessen zu diesem Thema dargelegt worden sind,
werden verschiedene Lösungsansichten gesucht und deren Vor-
und Nachteile besprochen. In einer Vereinbarung verpflichten
sich die Beteiligten zu verschiedenen Regeln, die ein guter
Umgang sicherstellen soll, damit der Vormund seine
Verantwortung wahrnehmen kann, das Mädchen weiss, welche
Anforderungen an sie gestellt werden und definiert ist, welche
Aufgabe den Grosseltern zuteil wird.
Die Nachfrage nach drei Monaten
hat ergeben, dass sich ein minimales Gleichgewicht eingespielt
hat, auch wenn sich zwischendurch „Ausrutscher“ ergeben.
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Konflikt im Vorstand
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In der Trägerschaft einer
Kinderkrippe bestehen seit längerer Zeit Unstimmigkeiten in
der Zusammenarbeit. Einerseits fliessen die Informationen von
Seiten der professionell ge-führten Krippe zum Vorstand
schlecht, andererseits gibt es immer wieder
Zusammenarbeitsprobleme zwischen den Vorstandsmitgliedern.
(Beispiel: Beim Tag der „offenen Tür“ in der Krippe mischen
sich die Vorstandsmitglieder zu sehr in das Programm der
Krippenmitarbeiterinnen ein, sodass die Vorstandsmitglieder
den Tag ohne das Krippenpersonal durchführen).
Auf Wunsch einzelner
Vorstandsmitglieder wird eine Mediatorin beigezogen. In der
ersten Sitzung werden sämtliche Themen auf den Tisch gelegt
und gemeinsam nach Prioritäten geordnet. Dann wird als erstes
die Zusammenarbeit Vorstand-Krippenleitung rückblickend
angeschaut.
(Wie wurde in die Zusammenarbeit
vor zwei Jahren eingestiegen, ab welchem Zeitpunkt begannen
Probleme aufzutauchen, wie wurden diese in der Vergangenheit
bewältigt).
Der Rückblick zeigte allen
Beteiligten auf, dass der Vorstand seit der Aufnahme seiner
Tätigkeiten immer alle Themen gemeinsam diskutiert und
Entscheidungen gemeinsam getroffen worden sind, sodass die
Krippenleiterin sich mit allen acht Personen auseinandersetzen
musste. Dazu kamen massive Probleme in der Krippe
(Kindesschutz-Themen), die einen grossen Einsatz aller
Vorstandsmitglieder und der Krippenleiterin verlangten.
Durch diesen ersten Schritt
realisierten die Vorstandsmitglieder wie viel Zeit und Energie
alle Beteiligten eingesetzt hatten, ohne sich mit der
Organisation im Vorstand und den Zusammenarbeitsformen
auseinander gesetzt zu haben.
In einem zweiten Schritt konnten
nun aktuelle Themen behandelt werden. Einige Frauen getrauten
sich ihren Rücktritt auf die kommende Generalversammlung
anzumelden.
Dies ergab eine neue
Ausgangslage, denn nun galt es, einerseits neue
Vorstandsmitglieder zu suchen und andererseits einen guten
Abschluss im alten Vorstand zu finden.
Themen wie die Ressortaufteilung
und Informationsfluss zwischen Krippenleiterin und dem
Vorstand, sowie die Suche nach neuen Vorstandsmitgliedern
wurden nun in den kommenden Sitzungen bearbeitet.
Zum Schluss wurde unter den
Vorstandsmitgliedern sowie mit der Krippenleiterin ein guter
Abschluss der Zusammenarbeit gefunden und das Fazit zeigte,
dass es sich lohnt bei auftauchenden Problemen diese schnell
auf den Tisch zu bringen und/oder eine Fachperson von aussen
beizuziehen….. |
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Mehrparteienmediation im
öffentlichen Bereich
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Im Rahmen einer selbständigen
Projektorganisation soll ein zukunftfähiges neues Berufsfeld
verschiedener branchenverwandter Berufe entwickelt und
umgesetzt werden. Trägerorganisationen sind über dreissig
Branchenverbände, Schul- und Lehrerorganisationen, kantonale
und eidgenössische Ausbildungsbehörden. Nebst einer
mehrköpfigen Projektleitung und einem geschäftsführenden
Ausschuss arbeiten alle Trägerorganisationen mehr oder weniger
stark in verschiedenen Organisationseinheiten am Projekt mit.
Nach zweijähriger Projektarbeit und einem beträchtlichem
Kostenaufwand droht das Projekt am Widerstand der Schul- und
Lehrerorganisationen zu scheitern. Sie halten das neu
geschaffene Berufsleitbild für den Ausbildungsbereich nicht
tragfähig und verweigern die Mitwirkung bei der Umsetzung.
Auf Vorschlag eines
Branchenverbandes erklären sich die wesentlichen Akteure von
Verbänden und Behörden zur Teilnahme an einer Mediation
bereit. In einer Vorbereitungsphase führen die beiden
Mediatoren zunächst mit allen Beteiligten Einzelgespräche um
zu den notwendigen Informationen zu gelangen und die
Machbarkeit einer Mediation zu klären. Das eigentliche
Mediationsverfahren wird in Plenumssitzungen mit jeweils rund
zehn Teilnehmern, die insgesamt sechs verschiedene
Interessengruppen vertreten, durchgeführt. Im Verlaufe von
drei Sitzungen von durchschnittlich vier Stunden Dauer werden
die Gründe für die Verweigerung zur Projektfortführung, die
eigentlichen Interessen und Befindlichkeiten der Teilnehmer
hinterfragt und schliesslich gemeinsam Lösungsoptionen
erarbeitet. Die Mediation wird mit der Vereinbarung
abgeschlossen, eine spezifische Steuerungsgruppe für den
Umsetzungsprozess des Projektes zu lancieren.
Auf Wunsch der
Mediationsteilnehmer ist einer der Mediatoren an einer
nachfolgenden Sitzung als Beobachter anwesend. Die Teilnehmer
einigen sich über die personelle Zusammensetzung, Organisation
und Aufgaben der vereinbarten Steuerungsgruppe. |
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